Autorenrechte: VERTRÄGE und KLAUSELN – mit aktuellen Tipps und Hinweisen
Nina George und Tobias Kiwitt via (@Krimiautoren)

Fairer Buchmarkt hat es sich zur Aufgabe gemacht, Autoren und Autorinnen auch bei Vertragsangelegenheiten beizustehen. Deswegen veröffentlichen wir hier aber auch auf der Website www.fairerbuchmarkt.de künftig in der Rubrik „author’s rights“ oder „Über Geld“ entsprechende Hinweise.

Wir werden dabei nur bei extremem Missverhalten gegenüber zahlreichen Autoren und Autorinnen einen Verlag beim Namen nennen, ansonsten werden wir die heiklen Vertragsklauseln beleuchten, die nicht tragbar sind.

Wir verfremden den Wortlaut der Beispiele, nicht aber deren Inhalt.

Wir schützen zudem unsere Quellen und fragen jeden Autor und jede Autorin, die ihre Erfahrung mit uns teilt, um Erlaubnis, den Fall hier vorzustellen.

Hiermit eröffnen wir offiziell die Vertragshinweise mit dem ersten Tipp unseres Fairer-Buchmarkt-Urheberrechtsanwalts Tobias Kiwitt, BVjA-Vorsitzender, PEN-Mitglied und Gründer des Fairlag-Aktionsbündnisses.

§§§ Thema: Rechterückruf

Ein Autor zahlt niemals – auch nicht, wenn er seine Rechte vor Ablauf der Nutzungsfristen zurückrufen will

Der Vertragspassus

Die Vertragsdauer beträgt 7 Jahre [Fairer Buchmarkt: Hier können bspw. auch 2, 5 oder 20 Jahre stehen] ab Erscheinen des Werkes. Verlangt der Autor 6 Monate [oder eine andere beliebige Zeitspanne] vor Ablauf der Nutzungsdauer seine Rechte zurück, so überlässt der Verlag die Daten nur gegen Zahlung von 60 % [oder 50 %, 40 %, anteilig] der Produktionskosten [auch als Erstehungskosten, Herstellungskosten bezeichnet]

Sollte der Autor seine Rechte innerhalb dieser Frist nicht zurückverlangen, verlängert sich die Nutzungsdauer ohne weitere vertragliche Ergänzung um weitere 2 Jahre, es sei denn, der Verlag will die Nutzungsrechte zurückgeben. 

Hierfür gelten dieselben Fristen.

Der Urheberrechtsanwalt rät:

Eine solche Klausel ist schlichtweg inakzeptabel. Ich rate dringend davon ab, Derartiges als Autor zu unterschreiben.

Hauptgegenstand eines jeden Verlagsvertrags ist die Übertragung von Nutzungsrechten vom Urheber auf den Verlag. Dies geschieht in der Regel „für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts“. Der Autor geht also unter Umständen eine sehr lange „Ehe“ ein, die sogar 70 Jahre über den Tod des Autors hinausgeht.

Und so ist der Wunsch, von vornherein die Vertragsdauer zu beschränken, durchaus ein legitimes Anliegen – vor allem aus der Sicht des Autors, aber auch mitunter aus der Sicht des Verlags.

Als branchenüblich gelten zurzeit Zeitspannen für das Nutzungsrecht bei belletristischen Druckwerken von 8 bis 20 Jahren.

Wenn es sich um die E-Book-Rechte handelt, rate ich Autoren sogar ausdrücklich, eine zeitliche Befristung– in der Regel bieten sich hierzu 2 bis 3 Jahre an – zu vereinbarenSollte dies nicht möglich sein: Der Normvertrag für den Abschluss von Verlagsverträgen, den der Verband deutscher Schriftsteller (VS) gemeinsam mit dem Börsenverein des deutschen Buchhandels vereinbart hat und der als Richtschnur für Verlagsverträge gilt, sieht für diesen Fall in § 8 Abs. 2 vor, dass die E-Book-Rechte wieder zurückgeholt werden können, wenn in 2 aufeinanderfolgenden Jahren eine vorher vereinbarte Anzahl an E-Books nicht verkauft worden ist.

Am häufigsten wird hier die Zahl von 500 Exemplaren pro Kalenderjahr angegeben.

Doch genau diese Regelungen werden durch den oben genannten Beispiel-Vertragspassus ausgehebelt.

Schauen wir uns den Vertragspassus einmal ganz genau an:

Dieser zu monierende Vertragspassus stammt von einem E-Book-Verlag. Eine knappe zeitliche Befristung ist also zunächst sogar zu begrüßen. Die Rede ist von einem Kündigungsrecht nach 7 Jahren, aber – tatsächlich liegt keine wirkliche zeitliche Befristung vor:

Es wird durchaus von einer Nutzungsübertragung für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts – bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers – ausgegangen. Der Autor hat zwar nach 7 Jahren die Option, den Vertrag zu beenden – wenn er dies dem Verlag innerhalb von spätestens 6 Monaten vor Ablauf der 7 Jahre mitteilt.  Aber wenn der Urheber von seinem vorzeitigen Kündigungsrecht nach dem 7. Jahr Gebrauch macht, wird er dafür finanziell bestraft.

Der Autor soll also bei Beendigung des Vertrags nach 7 Jahren 60 % der Herstellungskosten  tragen. Das sind die Aufwendungen, die bei der Herstellung und dem Erwerb des Buchs durch den Verlag entstehen. Würde es sich außerdem um einen Printbuch-Verlag handeln kämen zu den Kosten für Lektorat, Layout, Covergestaltung, Materialkosten und Vertrieb noch Druckkosten hinzu.

Das unternehmerische Risiko wird also anteilig auf den Autor abgewälzt.

Das ist nicht branchenüblich, es ist, höflich gesagt: ein Unding!

Ein Verlag zeichnet sich durch nicht rückzahlbare Leistungen aus, er „legt vor“.

Letztlich liefe der Autor sogar Gefahr, noch für Büroaufwendungen aufkommen zu müssen, die der Verlag im Zusammenhang mit dem Werk hatte.

Können Sie als Autor genau überblicken, welche Kosten dem Verlag wirklich entstanden sind? Von einer gewissen Missbrauchsgefahr mal ganz abgesehen: Der Verlag könnte Ihnen Kosten in Rechnung stellen, die Sie unmöglich überprüfen können.

Faktisch ist es dem Autor also unmöglich, seine Rechte zurückzurufen, wenn er dafür nicht finanziell belastet werden möchte. Er wird sich also im Zweifel nicht frei entscheiden können, was für sein Werk die beste Verwertungsform ist. Nehmen wir an, er hat in 7 Jahren einen anderen Verlag gefunden, der sein Werk besser vermarktet. Nehmen wir an, der bisherige Verlag ist in den letzten 7 Jahren sehr inaktiv gewesen, und es sind nur wenige Bücher verkauft worden. Der Verlag hat die Rechte mehr oder weniger gehortet, aber nicht viel getan, um die Rechte optimal zu verwerten.

Vielleicht gab es auch in den Vertragsbeziehungen an anderen Stellen Probleme: Autorenhonorare wurden nicht oder verspätet ausgezahlt. Es fehlt an einem Vertrauensverhältnis zwischen Autor und Verlag. Es kam zum Streit wegen eines schlechten Lektorats, wegen eines unzufriedenstellenden Buchtitels oder eines zu hohen Buchpreises.

Der Autor kommt jetzt in einen Konflikt: Soll er diese eigentlich schlechten Verlagsbeziehungen fortführen? Eigentlich spricht alles dafür, den Verlag zu wechseln. Die Chemie mit dem Verlag stimmt schon lange nicht mehr. Wären da nicht diese Herstellungskosten, auf denen der Autor zu einem Großteil sitzenbleiben soll. Der Autor wird letztlich gezwungen, das Vertragsverhältnis fortzuführen. Mit anderen Worten: Sie sitzen mehr oder weniger in einer geschickten Falle.

Gleichzeitig hat der Verlag – und das ist fast noch schlimmer – einen Grund weniger, sich für die Verwertung der ihm übertragenen Rechte optimal zu engagieren. Denn er weiß: Der Autor steht vor einer hohen Hürde, den Verlag zu wechseln. Und entscheidet er sich doch dafür, kann der Verlag das überwiegende unternehmerische Risiko auf den Autor abwälzen. Das verlegerische Risiko ist also gering.

Oder nehmen wir folgenden Fall:

Ihr E-Book hat sich in den 7 Jahren Vertragsdauer sehr gut verkauft. Es sind tausende E-Books verkauft worden. Sowohl Sie als auch der Verlag haben richtig viel Geld verdient. Der Erfolg hat dazu geführt, dass ein anderer Verlag, der Verlag X, sich bei Ihnen, dem Autor, gemeldet hat. Dieser Verlag X möchte das Buch sowohl als Printbuch herausgeben als auch als E-Book. Manche Verlage bestehen aus nachvollziehbaren Gründen darauf, beide Rechte gemeinsam verwerten zu dürfen. Der Verlag X bietet hervorragende Konditionen. Alles spricht eigentlich dafür, dieses Angebot anzunehmen.

Weshalb soll der Autor, obwohl der alte E-Book-Verlag schon hervorragend an seinem Werk verdient hat, jetzt noch „Gestehungskosten“ an diesen zahlen? Der Verlag bindet also mit einem solchen Vertragspassus den Autor an sich und macht es ihm de facto schwer, aus dem Vertrag auszusteigen.

Lassen Sie sich auf so etwas auf keinen Fall ein!

Mit anderen Worten handelt es sich bei diesem zu monierenden Vertragspassus um nichts anderes als eine ganz besondere Form eines verdeckten Druckkostenzuschusses bzw. einer finanziellen Autorenbeteiligung am Verlag.

Das Wort „Verlag“ kommt aber von „vorlegen“, das heißt Wesen eines Verlagsvertrags ist es, dass der Verlag das unternehmerische Risiko für eine Veröffentlichung allein übernimmt. Der Grundsatz, dass der Autor nichts zu bezahlen hat, gilt ausnahmslos – auch im Falle der Beendigung des Verlagsvertrags.
 
Deshalb kann ich jedem Autor nur empfehlen:

Achten Sie bitte ganz genau darauf, was Sie unterzeichnen! Denn es ist in der Regel nicht so einfach, aus einem einmal abgeschlossenen Vertrag wieder herauszukommen. Ein unterschriebener Vertrag ist ein unterschriebener Vertrag.

Im konkreten Fall konnte dieser Vertragspassus rausverhandelt werden. Sollte dies nicht gelingen, rate ich ausdrücklich dazu, den Verlagsvertrag nicht zu unterzeichnen.

Tobias Kiwitt
Medi:res – Kanzlei für Medizinrecht, Medienrecht und Mediation

Mehr Vertragsklauseln erklärt Kiwitt hier.

Mehr über Nina George, Bestsellerautorin und Frontfrau in Sachen Urheberrecht, finden Sie hier.